28. Mai 2008

Roadhouse Mt. Ebenezer- Leben und arbeiten im Outback

Seit dem 29. April 08 gehoeren wir wieder fuer einen Monat zum arbeitenden Volk. Eigentlich wollten wir bereits in Adelaide arbeiten. Aber da es dort nun Winter wird (d.h. kalt), entschieden wir, weiter noerdlich nach Arbeit zu suchen, denn dort ist es im Winter auch warm.
So nutzten wie die Gelegenheit, als wir beim Tanken auf dem Weg nach Alice Springs am Roadhouse Mt Ebenezer das Schild "Mitarbeiter gesucht" sahen und stellten uns vor. Spontan bekamen wir auch den Job.

Nun moechten wir euch eine kleinen Einblick in unseren Arbeitsalltag geben.


Das ist das Roadhouse Mt Ebenezer.
Benannt nach dem Ueberlandtelegraphen-Pionier Ebenezer und es gibt hier auch tatsaechlich einen kleinen Berg, der ebenfalls Mount Ebenezer heisst. Das Roadhouse befindet sich am Lasseter Highway, der direkt zum Ayers Rock fuehrt. Nach Alice Springs, der naechsten Stadt sind es 265 km und in die andere Richtung zum Ayers Rock sind es 200 km. Dazwischen gibt es nichts, wir befinden uns sozusagen mitten im Niemansland. Es gibt ein paar einzelne weitverstreute Farmen und eine Aboriginal Community 20km entfernt. Ausser Arbeiten kann man hier nicht viel machen.
Das Roadhouse besteht aus einem Hauptgebäude, in dem sich ein kleiner Souveniershop,

Verkaufsraum,


eine Gallerie mit Aboriginal Kunst (hergestellt von der Imanpa Community, siehe unten),
Restaurant und Bar befindet.

Ebenfalls gehoert zum Roadhouse noch ein kleines Motel und Backpackerzimmer, ein kleiner kostenloser Campingplatz und eine Tankstelle.


Da das Roadhouse auf der Zufahrtstrasse zum Ayers Rock ist, sind unsere Hauptkunden Touristen, die auf dem Hin- bzw Rueckweg sind. Besonders morgens halten viele Tourbusse fuer eine kleine Kaffeepause an.
Natuerlich kommen auch viele deutsche Touristen vorbei. Viele aeltere Deutsche haben grosse Muehe, sich in Englisch auszudruecken. Wenn sie dann von uns eine Antwort in deutsch bekommen, sind sie ganz happy. Manchmal stoppt ein ganzer Tourbus voller Deutsche, deren Verhalten fuer uns gelegentlich etwas peinlich ist. Typisch deutsch, es wird an allem herumkritisiert und man ist unfreundlich und ungeduldig. Naja, sind nicht alle so. Zum Glueck sind die Franzosen viel schlimmer, ganz zu schweigen von Asiaten!!!!
Aber auch viele Privatfahrzeuge stoppen hier, da das Roadhouse die billigste Tankstelle zwischen Alice Springs und Ayers Rock ist. (Benzin und Diesel: 1,95 Dollar). Ebenfalls kaufen viele Aborigines hier ihr Essen (Fastfood) ein.

Unsere Aufgabe ist
Essen (u.a. Pommes, Wuerstchen, Huehnchenschlegel, Fruehlingsroellchen, Pies, Sandwiches, Suessigkeiten, Eis, selbstgemachter Kuchen) und Getraenke (Kaffee, Tee, Softgetraenke) zu verkaufen...

Wenn das Essen knapp wird, muessen wir auch mal selbst Pommes machen...


Natuerlich ist es auch in unserer Verantwortung, dass die Regale immer aufgefuellt sind und alles sauber und ordendlich ist...
Da die Zapfsaeule nicht in Blickweite ist, ist sie abgeschlossen. So muessen wir den Kunden aufschliessen und tanken...


Tagsueber verkaufen wir Souveniers und Kunstwerke in der Gallerie

Abends bedienen wir unsere Gaeste im Restaurant bedienen und versorgen sie mit reichlich Alkohol von der Bar.

Nebenbei sind wir gleichzeitig Rezeption fuer Campingpatz und Motel.

In der Regel arbeiten wir 8,5 Stunden pro Tag. Da es hier in der Freizeit nichts zu tun gibt, arbeiten wir auch 7 Tage die Woche. Wir wollen schliesslich ordentlich Geld verdienen. Uebrigens bekommen wir 17 Dollar die Stunde (muessen natuerlich davon wieder 30% Steuern bezahlen) und Unterkunpft und Verpflegung ist auch frei. Dass heisst, wir brauchen hier keinen Cent (ausser fuer Alkohol) und sparen dadurch eine Menge Geld. Viele Touristen fragen uns, warum wir hier im Outback arbeiten. Aber keiner bedenkt, dass man hier viel mehr verdienen kann als in einer Stadt. Dort geht die Haelfte des Lohns schon alleine fuer Unterkunft und Verpflegung drauf. Ausserdem ist es schon eine interessante Erfahrung im Outback mit Aborigines als Nachbarn zu leben. Fuer einen Monat ist das ganz ok, jedoch koennten wir uns nie vorstellen, laenger hier zu leben. Unsere einzige Freizeitbeschaeftigung neben arbeiten ist momentan lesen und die DVDs von unserem Shop anzuschauen.

Allgemein arbeiten im Roadhouse 14 Leute, davon sind ein kleiner Teil Backpacker, die staendig wechseln. Der Rest sind Australier, die fest angestellt sind. Die Festangestellten sind alles irgendwie schraege Voegel, wer sonst wuerde hier im Niemansland laenger bleiben. Alle sind schon ueber 50 Jahre, mehrmals verheiratet gewesen, Kinder irgendwo in Australien oder der Welt und ihre Freizeitbeschaeftigung ist in der Bar sitzen und Alkohol trinken. Die meisten sind aber super nett.
Das ist so ein typisch durchgeknallter Outbacktyp, Kevin (das Bild spricht doch schon fuer sich..)

Das ist uebrigens unsere Zuhause fuer diesen Monat. Das Zimmer ganz hinten in der Ecke ist unseres. Das Zimmer ist nicht wirklich gross, der Platz reicht gerade mal fuer TV, Kuehlschrank, Schrank und ein Bett.

Gelegentlich halten auch einige Truck-fahrer fuer eine kurze Kaffeepause an. Bei einem dieser Stopps konnten wir endlich mal einen Roadtrain richtig fotographieren. Normalerweise gibt es diese auch mit 4 Anhaenger und diese duesen mit ueber 100 km ueber den Highway. Wenn es kein Speedlimit gibt, koennen diese 115tonnen schweren bis zu 50 m langen Trucks (mit bis zu 60 Raedern )bis zu 180km fahren. Da moechte ich mit unserem kleine Van nicht im Weg sein.

Wir werden hier jeden Abend mit einem herrlichen Outback- Sonnenuntergang belohnt.


Imanpa Community
Ca. 20km vom Roadhouse entfernt mitten in der Pampa ist das Aborigines-Dorf Imanpa. In dieser Gemeinde leben etwa 120 Aboriginal. Jedoch sind nicht alle immer anwesend, da viele Aboriginals immer noch ein normadenhaftes Leben fuehren und von Community zu Community ziehen . Wir hatten die Gelegenheit das Dorf zu besuchen. Auf den ersten Blick ein kleines normales Dorf mit kleinen einfachen Haeusern. Auffallend bei genauerer Betrachtung ist, dass ueberall Muell rumliegt. Das ganze Dorf ist eine einzige Muellhalde. Es liegt nicht nur Haushaltsmuell herum, sondern auch alles andere Ausrangierte von Elektorgeraeten bis zu kaputten Autos.
Von Umweltschutz geschweige dem von Recyling haben die Bewohner noch nie was gehoert (uebrigens, das Roadhouse auch nicht, denn der Muell wird einfach hinter dem Gebaeude vergraben). Man sieht, dass sie nicht gewohnt sind, mit „unseren“ Konsumguetern umzugehen, denn alles was sie besitzen, ist gleich kaputt.

In der Community gibt es eine Schule. Jedoch erzaehlte uns der Lehrer, dass die Kinder diese nicht regelmaessig besuchen. Manchmal kommt niemand zum Unterricht. Echt frustrierend fuer den Lehrer und auch langweilig. Vielen Aborigines ist die Bedeutung einer guten Schulausbildung nicht bewusst und legen daher keinen Wert auf regelmaessigen Schulbesuch. In der Community gibt es ebenfalls einen kleinen Shop, der Lebensmittel und Dinge fuer den taeglichen Bedarf verkauft. Eine kleine Polizeistation mit 2 Beamten gibt es auch. Und schliesslich ist dort noch eine kleine Krankenstation mit einer Krankenschwester. In regelmaessigen Abstaenden kommt auch ein Arzt in die Krankenstation. Alle Mitarbeiter in diesen Einrichtungen sind Weisse!

Der Gemeide gehoert das gesamte Land auf dem sie sich befindet sowie die umliegende Gegend. Unter anderem auch das Grundstueck, auf dem das Roadhouse ist. Somit ist die Communtiy auch der offizielle Besitzer des Roadhouses. Jedoch ist es fuer die Aboriginal unmoeglich, das Roadhouse selbst zu verwalten und darum wurde unsere Boss als Manager eingesetzt.
Hier unsere Boss Normen bei seiner Lieblingsbeschaeftigung, dem Geldzaehlen.

Die Community verwaltet sich selbst wie eine normale Gemeinde. Es gibt einen Rat (vergleichbar mit unserer Gemeiderat), der Regeln fuer das Zusammenleben erlaesst. Eine von der Community aufgestellt Regel, betrifft das Roadhouse. Denn jeder Erwachsene der Community darf in der Zeit von 17 bis 19 Uhr taeglich 4 Dosen Bier (16 Dollar) kaufen. Dazu muss derjenige persoenlich erschienen. Wir haben eine Liste aller Aborigines, die Bier kaufen duerfen. Wenn jemand das Dorf fuer eine gewisse Zeit verlaesst, wird er von der Liste genommen, damit andere nicht in dessen Namen Bier kaufen koennen. Ebenfalls kann ein Aborigine als disziplinarische Sanktion von der Polizei von der Liste genommen werden. Fuer uns bedeutet das, dass jeden Tag um 17 Uhr die Aborigines vom Dorf kommen, um ihr Bier zu kaufen. Um kurz vor 17 Uhr reihen sich alle vor der Kasse auf, beobachten die Uhr und warte ungeduldig auf das Bier...

Bevor sie jedoch Bier kaufen, brauchen sie Geld. Darum verkaufen sie ihre Handwerksarbeiten an das Roadhouse, die dann in der wiederum Galerie verkauft werden. Frauen malen Bilder und stellen kleine Holztiere (z.B. Lizards, Fische oder Voegel) her. Sie sind ganz stolz auf ihre Prdukte und freuen sich riesig ueber Komplimente.
Maenner machen hauptsaechlich Boomerangs. (Auf dem Foto sind sie gerade beim "Footy" schauen im Fernseher!)

Diese Verkaeufe sind wichtige Einnahmequellen fuer viele Aborigines. Einige haben einen Job in der Gemeinde. Ein paar Frauen sind sogar im Roadhouse angestellt. Sie arbeiten in der Gallerie und bekommen den gleichen Lohn wie wir. Jedoch erhalten alle finazielle Unterstuetzung vom Staat (eine Art Sozialhilfe). Einige bekommen dies unter anderem auch in Form von Gutscheinen fuer Benzin oder Lebensmittel, die sie hier im Roadhouse einloesen koennen.

Fuer uns ist der Konakt zu den Aborigines eine total interessante Erfahrung. Als Tourist sieht man oft nur die von den Community verstossenen, die in den Staedten rumhaengen, trinken und auch teils etwas aggressiver sind. Diese wirken meist ziemlich angsteinfloessend. Hier koennen wir die Aborigines jedoch von der andern Seite kennenlernen. Sie haben zwar eine recht raue Umgangsform, sind aber alle sehr nett und umgaenglich. Von Aggressivitaet kann man hier ueberhaupt nichts spueren. Ausserdem sind sie sehr selten betrunken. Oft erinnert ihr Verhalten an eine Horde kleiner Kinder, die alle als erstes dran kommen wollen. Man kann gut mit ihnen Scherze machen. Meist kann man einfach nur ueber ihr Verhalten schmunzeln. Wenn sie abends mit den Autos vorfahren, ist es jedes Mal erstaunlich, wieviele Erwachsene und Kinder in ein Auto passen. Es kann auch schon mal sein, dass das Auto keine Scheibe mehr hat,nicht zugelassen ist oder zum Starten die Moterhaube geoeffnet wird und das Auto direkt am Motor gestartet wird. Hauptsache das Auto faehrt. Wenn man dann ins Gefaengnis muss, beeindruckt dies niemand. Leider nehmen es die Aborigines mit der Hygiene auch nicht so genau. Manche stinken schrecklich, tragen taeglich die gleichen Kleider und sind voellig verschmutzt. Dies trifft natuerlich auch fuer die Kinder zu. Die Kleinen sind super suess, sind aber im ganzen Gesicht schrecklich verschmiert und riechen ebenfalls.
Die meisten Aborigines tragen keine Schuhe und laufen nur barfuss. Auffallend ist, dass Aborigines, die gut Englisch sprechen und eine bessere Bildung haben, ordentlich gekleidet sind und auch nicht stinken. Oft kommen die Aborgines schon etwas vor 17 Uhr zum Roadhouse (die meisten koenne die Uhr nicht lesen und fragen wie Kinder staendig: „Wie lange noch bis zur Bierzeit?“). Um die Zeit schneller zu ueberbruecken, spielen sie leidenschaftlich Karten. Ein Aussenstehender kann keine Regeln erkennen, aber es gibt ganz klare. Dazu essen sie bevorzugt Fettiges, was sich auch deutlich an ihrere Koerperform sichtbar macht.

Das ist Michael Bulla, ein ganz spezieller Freund des Hauses. Man sagt ihm nach er sehe ein bisschen aus wie "Papa-Schlumpf", nur in Schwarz. Er haengt oft den ganzen Nachmittag am Roadhouse rum, fraegt stuendlich nach der Zeit und geht uns oft auf die Nerven. (Zuerst kommt er rein und will eine leere grosse Dose, 10 min spaeter kommt er wieder und will heisses Wasser fuer die Dose, nochmal 10 min spaeter kommt er erneut und will Teebeutel, und nochmal 10 min spaeter will er dann noch Becher, natuerlich alles umsonst....was er damit wohl vor hat. ;-))

Leider bekommen wir auch mit, dass die Aborigines langsam ihre Traditionen verlieren. Zum Beispiel koennen nur noch die aelteren Maenner der Community Boomerange herstellen. Es stimmt uns schon traurig, wenn wir an ihre Lebenssituation denken. Es ist fuer sie unmoeglich ihr altes traditionelles Leben zu fuehren. Jedoch koennen sie von heute auf morgen sich auch nicht so schnell in die westliche Kultur einfinden. Momentan gibt es keinen richtigen Platz fuer sie. Ausserdem geht so viel wertvolles Wissen verloren, dass wir Weissen eigentlich auch gut nutzen koennten. Es ist echt erstaunlich, wenn man bedenkt, dass sie hier in einer so unwirtschaftlichen Gegend ueber Jahrtausende ueberleben konnten.
Die Regierung versucht zwar mit hohem finanziellen Aufwand sie in die Gesellschaft einzugliedern, jedoch scheitert dies, da zum einen der richtige Zugang und das Verstaendnis fehlt. Zum anderen ist das Zusammenleben immernoch sehr von beidseitigen Vorurteilen gepraegt. Viele Australier haben eine Wut auf die Aborigenes, da sie mittlerweile viel staatliche Unterstuetzung (Steuergelder) bekommen, im Gegenzug jedoch nicht arbeiten und mit dem Geld nur Alkohol kaufen. Die Aborigenes hegen wiederum immernoch Groll auf die Weissen, da sie ihnen das Land und letztlich auch ihre Tradition weggenommen haben. Es wird noch lange Zeit brauchen bis sich beide Seite annaehern.

Wir haben am 30. Mai 08 unseren letzten Arbeitstag. Die Zeit ist wiedermal wie im Flug vergangen. Die Arbeit hat uns sehr viel Spass gemacht. Wir haben neben den Aborigines auch viele interessante Touristen aus der ganzen Welt kennengelernt, die auf die ungewoehnlichste Art (z.B. Fahrrad, Motorrad oder Boot) nach Australien gekommen sind. Witzigerweise waren auch ein paar von Offenburg, Kappel und Ichenheim (fuer alle nicht Friesenheimer, das ist gerade ein paar Kilometer von unserem Heimatort entfernt) dabei. Aber nach der ganzen Outback-Einsamkeit freuen wir uns schon wieder auf ein wenig Zivilisation. Als naechstes werden wir wieder nach Alice Springs gehen und dann weiter Richtung Norden nach Darwin zu den Krokodilen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Thomas,

hast Du Dich schon an ein Boomerang gewagt? Bei den Aborigines sollte es doch jemanden geben, der es Dir beibringen kann!?

Gruß
Torsten

Alex & Thomas hat gesagt…

Tja,
haben sogar einen gekauft. ich habe nur eine Geschichte gehoert da wollte eine Aborigines auch einem Mitarbeiter des Roadhouses zeigen wie man ihn wirft, damit er wieder zurueckkommt....leider sucht derjenige immernoch nach dem Boomerang, der irgendwo im australischen Busch verschwunden ist ;-))
ich glaub es ist besser es nicht auszuprobieren.
LG Thomas